Blackout wissen
Was ist denn nun eigentlich genau ein "Blackout"?
Und was können die Ursachen dafür sein?
Und überhaupt, wie wahrscheinlich ist so ein Szenario überhaupt?
Mit welchen Folgen müssen wir rechnen?
All diese Fragen werden hier im Folgenden beantwortet...
was ist ein blackout?
Ein "normaler" Stromausfall dauert meist nur wenige Stunden (oder auch ein paar mehr wie in Berlin Köpenick 2019) und betrifft ein abgegrenztes Gebiet. Dadurch ist Hilfe von außerhalb möglich, wodurch der Stromausfall meist gut bewältigt werden kann. (z.B. konnten in Berlin Intensivpatienten in umliegende Krankenhäuser gebracht werden als das Notstromaggreat für einige Zeit ausfiel, oder 2005 beim großen Winter Stromausfall im Münsterland Hilfskräfte aus ganz Deutschland inkl. ausreichend Notstromaggregaten tagelang unterstützten). Da der Stromausfall nur ein relativ kleines Gebiet umfasst, sind keine Versorgungsunterbrechungen zu erwarten.
Ein sogenannter BLACKOUT dauert dagegen Tage bis schlimmstenfalls Wochen und betrifft ganze Länder, Teile oder gesamt Europa. In diesem Fall kann keine oder nur eingeschränkt Hilfe von außen erwartet werden. Außerdem kommt es bei einem Blackout zu einer Versorgungsunterbrechung in den Bereichen Telekommunikation sowie Lebensmittel, Treibstoff und Medikamenten. All diese Bereiche werden nach einem Blackout erst langsam wieder anlaufen, was nochmals Tage bis Wochen dauern kann.
"normaler" Stromausfall:
- (wenige) Stunden
- regional
- Hilfe von außen möglich
- Versorgung nicht eingeschränkt
BLACKOUT:
- Tage bis Wochen
- überregional (Länder, Teile oder ganz Europa)
- keine oder nur eingeschränkte Hilfe von außen
- Versorgung läuft nach eigentlichem Stromausfall erst langsam wieder an
Was können die ursachen für einen blackout sein?
Die Ursachen für einen Blackout reichen von technischem oder menschlichem Versagen über extreme Wetterverhältnisse und Stromungleichgewichte bis hin zu terroristischen oder Cyber-Attacken. Die Wahrscheinlichkeiten einiger dieser Ursachen steigen leider von Jahr zu Jahr, darunter extreme Wetterverhältnisse welche Klimawandel bedingt sind oder Stromungleichgewichte durch die Energiewende (welche ich ausdrücklich begrüße, die aber das System leider instabiler macht) oder die wachsende Gefahr durch Terror- oder Cyberattacken. Durch die Zeitenwende hat sich das Risiko für ein solches Szenario massiv erhöht.
Deutschland ist Teil des europäischen Verbundnetzes, selbst wenn wir ein sehr stabiles Netz haben, kann über „Dominoeffekte“ die europaweite Stromversorgung innerhalb weniger Sekunden und ohne Vorwarnung zusammenbrechen. Das bedeutet, selbst ein Problem in einem Umspannwerk in Kroatien, wie im Januar 2021, kann bei uns im Landkreis Weilheim-Schongau dafür sorgen, dass die Lichter aus gehen. Zum Glück konnte ein Blackout im Januar abgewandt werden, obwohl es sogar zu einer Netzauftrennung gekommen ist. Was ich sagen möchte ist folgendes: das auslösende Ereignis muss gar nicht bei uns im Landkreis oder in Deutschland stattfinden.
Grundsätzlich kann es wie folgt ablaufen (unabhängig von der auslösenden Ursache):
-> es könnte zu einem unvorhergesehenen Kraftwerksausfall oder der Unterbrechung des Stromnetzes an einer bestimmten Stelle kommen, oder zu einer Störung in der Netzsteuerung
-> das kann sekundenschnell zu großen Schwankungen der elektrischen Spannung führen
-> wenn diese Schwankungen nicht schnell ausgeglichen werden, schalten die überlasteten Leitungen ab
-> dies führt dazu, dass der Strom unkontrolliert auf andere (Nachbar-)Leitungen verteilt wird, welche dann wiederum ebenfalls überlastet sind und sich abschalten
-> dieser Schritt wiederholt sich bei den weiteren Leitungen und auch Kraftwerken (welche zum Schutz heruntergefahren werden müssen) und es kommt zu dem oben genannten Domino- oder Kaskadeneffekt
-> innerhalb weniger Sekunden kann so die Stromversorgung entweder im ganzen Land oder Teilen bzw. ganz Europa zusammenbrechen
Hier noch einmal die Ursachen im Überblick:
Technisches und menschliches Versagen:
- veraltete energietechnische Anlagen und Leitungen
- Wartungsmängel
- Netzengpässe durch Energiewende
- Instabilitäten in den europaweiten Netzen
- Ungleiche Lastverteilungen
- Spannungsüberschläge bei Freileitungen
- Schaltfehler in Umspannwerken
- Nord-Süd Ungleichgewicht in Deutschland (Energiewende und vorr. nicht rechtzeitig fertige notwendige Stromtrassen)
- Unterdeckung von 9 Gigawatt durch Energiewende (laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) - steigender Strombedarf durch Digitalisierung und Elektromobilität nicht einkalkuliert
- Beschädigung von Erdkabeln durch Bauarbeiten
- Schaltfehler oder Fehlreaktionen beim Redispatching
- Ausfall der Primärenergie (z.B. Gas)
- Marktmanipulation bzw. Spekulationen der Stromhandelsunternehmen
- hoher Krankenstand aufgrund schwerer Pandemie (bei hoher gleichzeitiger Erkrankungsrate)
- ...
Wetterextreme und Sonnensturm:
- Schnee und extreme Kälte
- Sturm
- Hochwasser
- Erdbeben
- extreme Hitze
- Sonnensturm
- ...
Cyber- und Terrorangriffe
wie wahrscheinlich ist ein blackout?
Die Wahrscheinlichkeit kann aufgrund der Komplexizität nicht exakt berechnet werden. Einen bestimmten Zeitpunkt dafür anzugeben wäre daher unseriös.
Die derzeit aktuellste Einschätzung stammt aus der "Sicherheitspolitischen Jahresvorschau 2022" des Österreichischen Bundesheers.
Darin wird ein Blackout innerhalb der nächsten 1-3 Jahre als "wahrscheinlich" eingestuft. (Die Abstufungen der Eintrittswahrscheinlichkeit 1-3 Jahre sind aufsteigend: "erkannt", "möglich", "wahrscheinlich", "sehr wahrscheinlich" und "aktuell" (z.B. Covid-19).)
" In der Sicherheitspolitischen Jahresvorschau 2020 wurden die Probleme im europäischen Stromversorgungssystem sowie die erwartbaren Folgen eines europaweiten Strom-, Infrastruktur- sowie Versorgungsausfalls (Blackout) beleuchtet. Die getroffenen Aussagen sind unvermindert gültig, so auch, dass binnen der nächsten fünf Jahre mit dem Eintritt eines solchen Ereignisses zu rechnen ist. Dabei geht es nicht um ein konkretes Datum, sondern um die unmittelbare Bedrohung."
( "Sicher. Und morgen? Sicherheitspolitische Jahresvorschau 2021" Amtliche Publikation der Republik Österreich Bundesministerin für Landesverteidigung, 2021)
Selbst wenn das Szenario nicht innerhalb der nächsten drei oder fünf Jahre eintreten sollte, bedeutet dies aber für uns alle, dass ein BLACKOUT dennoch JEDERZEIT PASSIEREN KANN.
die wesentlich wichtigere frage als nach der Wahrscheinlichkeit ist: wären wir darauf vorbereitet, sollte dieser fall eintreten?
wenn wir heute nicht vorsorgen, kann es morgen bereits zu spät sein...
also packen wir es alle gemeinsam an! Und zwar jetzt!
Folgende Einschätzungen habe ich im Zug meiner Recherchen gesammelt und möchte Sie Ihnen ebenfalls zur Verfügung stellen:
„Die Wahrscheinlichkeit eines lang andauernden und das Gebiet mehrerer Bundesländer betreffenden Stromausfalls mag gering sein. Träte dieser Fall aber ein, wären die dadurch ausgelösten Folgen selbst durch eine Mobilisierung aller internen und externen Kräfte und Ressourcen nicht beherrschbar, allenfalls zu mildern.“
(Büro für Technikfolgen-Abschätzung deutscher Bundestag, 2011)
„Insgesamt ist mit guten Gründen davon auszugehen, dass künftig die Ausfallwahrscheinlichkeit zunehmen wird ."
(BMI/BBK Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe 2007, S.180)
„Die 10 größten Risiken sind: 1. Strommangellage, 2. Grippe-Pandemie, 3. Ausfall Mobilfunk, 4. Hitzewelle, 5. Erdbeben, 6. Stromausfall, 7. Sturm, 8. Ausfall Rechenzentrum, 9. Andrang Schutzsuchender, 10. Trockenheit."
(Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) Schweiz, 2020)
„Das Szenario „Stromausfall“ würde das ganze Land betreffen. Die mittelbare und unmittelbare Eintrittswahrscheinlichkeit ist hoch. Auch besteht ein hohes Risiko für Menschen, Staat und Wirtschaft.“ (Grünbuch des ZUKUNFTSFORUMS ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 2008, Initiative des Deutschen Bundestages)
„Ein europaweiter Strom- und Infrastrukturausfall („Blackout“) ist ein sehr realistisches Szenario. Es gibt genügend Anhaltspunkte, wonach mit einem Eintritt binnen der nächsten fünf Jahre zu rechnen ist.“ (Saurugg, Österreich)
was sind die folgen eines blackouts?
· Licht, Heizung (auch: Warmwasser), elektrische Geräte (Herd, Kühlschrank, Gefrierschrank, Waschmaschine, smarte Technik…), Telefon, TV, Internet fallen sofort aus.
· Handynetz nach spätestens einigen Stunden ebenfalls (Achtung: ab jetzt sind für die Allgemeinbevölkerung auch keine Notrufe mehr möglich)
· Ampeln fallen aus, U-Bahnen und Schienenverkehr kommen zum Erliegen, Lifte bleiben stecken
· Je nach Lage fällt nach einigen Stunden bzw. Tagen die Wasser- und Abwasserversorgung aus.
· Lebensmittelmärkte schließen, bzw. sind nach Wiederöffnen in kurzer Zeit ausverkauft.
· Bezahlt werden kann nur noch mit Bargeld, dieses kann nur in kleinen Mengen - wenn überhaupt - abgehoben werden.
· An Tankstellen gibt es keinen Treibstoff mehr. Dies betrifft auch Rettungsdienste, Feuerwehr sowie den nötigen Dieselnachschub für Notstromaggregate.
· Das Gesundheitswesen arbeitet nur noch sehr eingeschränkt, solange Notstrom verfügbar ist. Nach ca 1 Woche wird der Zusammenbruch des Gesundheitssystems erwartet.
· Nach einigen Tagen kommt es zu schweren Schäden in Landwirtschaft (Melkmaschinen, Belüftung, Wärme…) und Industrie.
· Je länger der Blackout dauert, desto mehr verschärft sich auch die Sicherheitslage, vor allem in Städten.
· Ein Ausfall des BOS-Funks wird je nach Region nach wenigen Minuten bis Tagen erwartet --> Kommunikationsproblem der Einsatzkräfte untereinander, Hilfe von außen kann nicht bzw. erst spät erwartet werden.
Literatur:
„Was bei einem Blackout geschieht - Folgen eines langandauernden und großräumigen Stromausfalls“ (T. Petermann et al/ Studien des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag – 33, 2011)
Herbert Saurugg: www.saurugg.net (Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV), Sicherheitsexperte, Blackoutspezialist)
"Sicher. Und morgen? Sicherheitspolitische Jahresvorschau 2021" ( Amtliche Publikation der Republik Österreich Bundesministerin für Landesverteidigung, 2021)
„Risiken und Herausforderungen für die öffentliche Sicherheit in Deutschland“ – Grünbuch des Zukunftsforums öffentliche Sicherheit (Initiative des deutschen Bundestags, 2008)
„Krisenmanagement Stromausfall“ Langfassung (BBK, KIT, Baden-Württemberg, 2010)
„Planungshilfe für die Landesregierung und die unteren Katastrophenschutzbehörden zur Folgenbewältigung am Beispiel Stromausfall“ (Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein, 2014)
„Blackout, Morgen ist es zu spät“ (M. Elsberg / blanvalet Verlag, 2012)
Bildnachweise:
Kerze in Hände: Foto von Myriams-Fotos auf Pixabay
Strommast im Wald: Foto von Charles Devaux auf Unsplash